Heute ist mir beim Aufräumen ein Zettel in die Hände gefallen, von dem ich gar nicht mehr wusste, dass ich ihn überhaupt aufgehoben hatte:
„Ihre Bewerbung hat uns mit Ihren exzellenten schulischen Leistungen im besonderen Maße angesprochen, so dass wir Sie gerne für das Geschichtsstudium an unserem Seminar gewinnen möchten.“
Es war der Brief, den mir die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg wenige Tage vor dem offiziellen Zulassungsbescheid für das Geschichtsstudium im vergangenen Sommer geschickt hatte. Ich erinnere mich noch zu gut daran, wie sehr ich mich darüber gefreut hatte. Wie stolz und glücklich ich gewesen war.
Und doch habe ich den Studienplatz damals abgelehnt. Ich hatte mich für die Ausbildung an der Journalistenschule in Köln beworben.
Schon damals habe ich lange Zeit darüber nachgedacht, was denn nun die richtige Entscheidung gewesen wäre. Und ja: Ich habe geweint, weil ich nicht beides haben konnte. Ziemlich kindisch, oder?
Ich meine… Da bin ich schon so vom Glück geküsst, dass ich mich zwischen zwei wundervollen Möglichkeiten entscheiden kann und bin trotzdem unglücklich, weil ich mich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden muss.
Damals habe ich einfach darauf vertraut, dass ich die richtige Wahl getroffen habe. Ich habe gehofft, dass ich in einem Jahr zurückschauen würde und sage: „Ich habe das Richtige getan.“
Jetzt ist dieses Jahr vergangen. Okay, vielleicht nicht ganz: Es fehlen noch zwei Monate zum vollen Jubiläum, aber trotzdem ist mir beim Lesen des Schreibens immer noch so mulmig zumute wie an dem Tag, an dem ich mich für die Journalistenschule und gegen die Universität beworben habe.
Nicht, dass ich meine Entscheidung bereue: Ich glaube wirklich, dass ich im Journalismus meine Aufgabe gefunden habe. Aber irgendwie… Es ist ein merkwürdiges Gefühl von „Was wäre, wenn“, das ist nicht ansatzweise in Worte fassen kann.
Vielleicht ist es einfach zu früh, jetzt schon einen Schlussstrich zu ziehen und zu sagen, dass alles so gut und richtig war, wie es gelaufen ist. Meine Ausbildung ist noch nicht mal zur Hälfte vorbei; ich kann noch nicht sagen, ob ich erfolgreich und zufrieden mit dem bin, was ich tue.
Und wer weiß: Vielleicht schreibe ich mich später doch noch einmal für ein Geschichtsstudium in Heidelberg ein?
Ich hoffe nur, dass ich mir diese Tür nicht endgültig zugeschlagen habe und dass das historische Seminar mich dann noch haben will.
Ja, ich glaube, das ist dieses merkwürdige Gefühl, welches mich begleitet: Diese Angst vor der Endgültigkeit meiner Entscheidungen.
Und selbst das ist eigentlich schon wieder so ein unsinniger Gedanke: Ich bin jetzt 20 Jahre alt, manche meiner alten Klassenkameraden sind mit ihrer Ausbildung schon fertig und arbeiten. Und ich? Ich habe immer noch Angst davor, Weichen für mein Leben zu stellen, die nicht mehr umzukehren sind.
27. Mai 2016 at 6:43 pm
Liebe Nia,
ich verstehe, dass du zweifelst. Ich kenne das auch von mir: Geht man den einen Weg, zweifelt man, ob der andere nicht doch richtig gewesen wäre.
Ich glaube aber, man muss tun, was sich im Moment der Entscheidung richtig anfühlt. Ein zu starkes zurückblicken in die Vergangenheit sorgt nur dafür, dass man die Gegenwart nicht mehr sieht. Und dadurch die neuen Möglichkeiten nicht wahrnimmt, da man sie nicht sieht, da man in der Vergangenheit hängt.
Und glaube mir, dir stehen noch alle Türen offen. Wenn du wolltest, könntest du sogar danach noch ein Studium dranhängen, ja, sogar währenddessen arbeiten. Fernstudiengänge sind auch so schlecht nicht (wenngleich teuer).
Übrigens finde ich keinesfalls, dass deine Reaktion kindisch war. Eigentlich zeigt deine emotionale Reaktion doch nur, wie wichtig dir diese Entscheidung ist. Das ist etwas, worauf du stolz sein kannst. Viele Studenten studieren nur „irgendwas mit Medien/Technik usw.“, und dir hingegen ist es so wichtig, den richtigen Studiengang zu wählen, für den du dich so begeistern kannst, dass dir diese Entscheidung schwer gefallen ist. Und auch, dass du (vielleicht) insgeheim gehofft hattest, das Schicksal würde für dich entscheiden (und eine Möglichkeit würde flachfallen) ist nur menschlich.
Mit lieben Grüßen
ich
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27. Mai 2016 at 10:01 pm
Liebe Nia, ich kann dich verstehen. Aber nichts ist endgültig, weil DU alles ändern kannst. Wirklich alles, vertrau darauf! Mach dir also keinen Stress und vertraue darauf, dass du dich richtig entschieden hast. Und wenn nicht, hast du daraus gelernt und entscheidest dich eben neu 🙂 Liebe Grüße!
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28. Mai 2016 at 10:35 am
Das ist wirklich lieb von dir, danke! Ich glaube, ich muss einfach auch aufhören, alles planen zu wollen.
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26. Juni 2016 at 3:39 am
Hallo.
In Deinem Post hat sich ein „Verschreiber“ eingeschlichen: „Entgültigkeit“. Was möchte er Dir wohl dazu sagen? 😉
Übrigens hat das Leben seine eigenen Spielregeln; es kümmert sich wenig um Planung und Erwartung.
Liebe Grüße,
Frank
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26. Juni 2016 at 11:40 am
Upps, ich danke dir vielmals für die Korrektur! Aber ich danke dir, dass du meinen Text so aufmerksam gelesen hast! Und ohnehin Danke für deinen Kommentar 🙂
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