„Wer wärst du, wenn du alles sein könntest?“ Ich glaube, diese Frage hat sich jeder von uns in dieser Form schon einmal gestellt. Und wahrscheinlich habe ich mir selbst darauf schon ebenso viele Antworten gegeben, wie alte Bäume Jahresringe haben. Was wollte ich nicht schon alles sein: Elbe, Sportjournalistin, Autorin, Prinzessin, Hexe…

 

Aber mal abgesehen von den Hürden, die die bittere Realität uns stellt (mittlerweile habe ich mich gerade so mit der Tatsache abgefunden, dass ich leider nicht von den Elben Lothloriens abstamme): Was genau hindert mich eigentlich daran, alles zu sein? Musikerin, Schriftstellerin, Kräuterhexe… Ich würde so gerne mal mit meiner Musik auftreten, würde so gerne irgendwann ein Buch verfassen, jedes Kraut im Wald bei Namen kennen. Das sind alles recht ambitionierte und romantische Ziele, aber bei Weitem keine Dinge der Unmöglichkeit.

Aber es sind oft unsere eigenen Hürden, die uns zögern lassen, denn die Vernunft brüllt uns von jeder Straßenecke entgegen: „Mach etwas Anständiges! Vergeude nicht deine Zeit!“

 

Überhaupt, die Zeit… Vor Kurzen habe ich gehört, die Zeit spiele letzten Endes immer gegen uns. Wertvolle Sekunden, Minuten, Stunden rinnen uns durch die Finger, während wir damit beschäftigt sind, Träumen nachzuhängen. Träumen, die uns schon jetzt die Courage genommen haben, ihnen jemals nachzulaufen, weil die Gesellschaft uns sagt, wie unsinnig und unrealistisch sie sind.

Warum nicht einfach mal so tun, als ob das Leben wirklich ein Traum wäre? Als gäbe es keine verheerende Konsequenz, wenn wir doch scheitern sollten. Als gäbe es kein böses „un“ vor den Wörtern. Ich glaube kaum, dass das Scheitern eines Traumes uns umbringen würde.

 

Und was gibt es dann noch Schlimmes, was passieren kann? Nun gut, vielleicht verlieren wir Geld dabei, unser bisheriges Weltbild bricht zusammen und wir sind zu Tode betrübt. Aber das sind alles Dinge, die noch zu verkraften sind. Vielleicht nicht sofort, aber irgendwann können wir auch damit abhaken, dass unser Traum vielleicht doch nicht das war, was das Leben für uns geplant hat.

 

Das Schlimmste, was eigentlich passieren kann, ist, dass wir Zeit verlieren. Weil wir einer wirren Idee nachgerannt sind. Aber diese Zeit verlieren wir auch, wenn wir keinen wirren Ideen nachlaufen. Und dann verlieren wir sie deshalb, weil wir darüber nachdenken, ob diese Idee vielleicht gar nicht so wirr sondern unsere Bestimmung, die Vision unseres eigentlichen Lebens ist.

Ich muss gestehen: Ich vergeude meine Zeit lieber auf dem ersteren Wege:

 

Ich tue ohnehin ziemlich viele merkwürdige Dinge, für die ich gerne mal schräg angeschaut werde: Wer sonst schleppt denn um 20 Uhr am Abend noch seine Gitarre in den Wald, um den Bäumen seine Lieder vorzuspielen?

Doch eines muss ich mir trotz allem lassen: Im Moment bin ich recht nahe dran an „Wer wärst du, wenn du alles sein könntest?“.